Lesung mit Ilija Trojanow: „Macht und Widerstand“ am 29.9.2016

Lesung und Diskussion mit dem Autor

Von Überzeugungen und dem Preis, den Menschen dafür zahlen , erzählt Ilija Trojanow in seinem Roman „Macht und Widerstand“. In jeweils abwechselnden Kapiteln erzählt der Autor von Konstantin, einem Anarchisten, und von Metodi, einem hohen Offizier der ehemaligen Staatsicherheit. Beide erinnern sich an ihren Werdegang in den 1950ger Jahren und an ihre Erlebnisse in Bulgarien, wobei ihre Erinnerungen bis in die Gegenwart hinein reichen.

Auf der einen Seite steht Metodi, der von Jugend auf an den Kommunismus glaubt. Schnell erkennt er, dass nur Macht ein Garant für das Überleben ist. Metodi wird Offizier, Opportunist, Karrierist, der sogar seinen alten Lehrmeister verrät, um schnell die Karriereleiter nach oben zu klettern. Auch nach dem politischen Umbruch sieht er sich immer noch im Recht, er bereut nichts, denn für ihn ist und war die Staatssicherheit der einzige Garant für die Stabilität und Sicherheit des Staats.

Auf der anderen Seite steht Konstantin. Als Anarchist lehnt er sich gegen die sozialistische Herrschaft auf, fällt schon in der Schule der Stasi ins Auge. Im Untergrund plant er mit einer Gruppe Gleichgesinnter Aktionen gegen die sozialistische Diktatur. Als Staatsfeind – und Sohn eines Regimekritikers, der mental gebrochen wurde – steht er unter ständiger Beobachtung. Durch ein riesiges Spitzelsystem bekommt die Stasi die Informationen , die sie benötigt, um Konstantin ins Gefängnis zu bringen. Folter – mental als auch physisch – übersteht Konstantin , er ist in seinen Überzeugungen soweit gefestigt, dass er sie und seine Kameraden nie verrät.

In den 1990ger Jahren, nach dem politischen Umbruch in Bulgarien, will Konstantin seiner Vergangenheit auf die Spur kommen. Aber das „demokratisierte“ Bulgarien arbeitet seine sozialistische Vergangenheit nicht auf . Wer in den Akten nicht existiert, kann nie im Gefängnis gewesen oder gar misshandelt worden sein – für Konstantin heißt das, dass er laut offizieller Stellungnahmen nie im Gefängnis war! Seine Geschichte existiert einfach nicht. Doch Konstantin lässt nicht locker, er will um jeden Preis seine vollständigen Akten sehen, denn es geht ihm nicht nur um Gerechtigkeit, es geht um seine Geschichte als Widerstandskämpfer, und es geht um seine Befürchtungen, die allmählich zur Gewissheit werden: Verrat, der bis in die engsten Freundes- und Familienkreise reicht!

Er bezahlt dafür einen hohen Preis: er kann niemandem mehr wirklich trauen, sein Verhältnis zur Gegenwart ist distanziert. Für seine Kameraden und Freunde ist er jemand , der die Vergangenheit nicht ruhen lassen kann.

Trojanow versucht nicht nur ein Stück Geschichtsaufarbeitung in einem post-kommunistischen Land, er macht zugleich (anarchistische) Kämpfe sichtbar, die Menschen unter härtesten Bedingungen in Lagern und Knästen geführt haben, um ihre Würde zu bewahren und sich nicht brechen zu lassen.

Kommt alle!

Donnerstag, den 29.September 2016

20:00 Uhr

Buchladen Schwarze Risse

Gneisenaustr. 2a (U-station Mehringdamm)

Eintritt:frei !