Der Roman „Exil der frechen Frauen“ erzählt von linker Kultur vor und während des Zweiten Weltkrieges sowie von der Geschichte dreier ihrer Protagonistinnen – Maria Osten , Ruth Rewald und Olga Benario.
Bereits auf den ersten Seiten wird offengelegt, dass jede seiner drei Heldinnen ermordet wird: Maria Osten in den Spätausläufern des stalinistischen Terrors in den frühen Vierzigern, Ruth Rewald und Olga Benario, die durch ihr Exil dem Antisemitismus und Antikommunismus Nazideutschlands vorerst entrinnen konnten, fallen schließlich der Shoa zum Opfer.
Zentral ist für den Autor Robert Cohen bei der literarischen Umsetzung historischer Themen jede billige Besserwisserei des nachträglichen Blicks zu vermeiden. Geradeheraus wird im Roman der Zeitunterschied zwischen den Figuren und den Lesenden problematisiert, wenn sich die drei Hauptpersonen Olga Benario, Ruth Rewald und Maria Osten unabhängig voneinander die Frage stellen, ob man sich an sie erinnern wird oder wie künftige Generationen ihr Handeln bewerten werden. Es sei, so Cohen in einem Interview, für jeden halbwegs gebildeten Menschen sehr einfach, diese drei Frauen und ihre Freunde und Bekannten, Brecht, Lukács, Bloch, Seghers, alle linken Intellektuellen, die in dem Buch vorkommen, von einem heutigen Standpunkt aus zu kritisieren. Ihm aber ginge es darum, sie zu verstehen. „Sie haben alle Stalin und der UdSSR die Treue gehalten – aus Gründen, die ich zum Teil sehr gut verstehen kann. Wen gab es denn sonst, an den man sich als Gegengewicht zum Faschismus in ihrer Lage noch hätte halten können?“ Dass jene linken Intellektuellen in Exil der frechen Frauen den stalinistischen Terror „übersehen“, ihn einfach nicht wahrhaben wollen und können, wirkt durch einen verstehenden Blick angesichts der Realität umso erschütternder: Maria Greßhörner, eine überzeugte Antifaschistin und Kommunistin, die sich bei ihrer Emigration aus Deutschland in die Sowjetunion aus Identifikation mit der neuen Heimat den Namen Maria Osten gibt, die lange Zeit keine Kritik an Partei und Stalin gelten lassen möchte, sie selbst wird schließlich gefoltert und von „den Genossen“ an die Wand gestellt.
Faszinierend sind die Einblicke in die Diskussionen um Kunst und Literatur, in die Gedankenwelt linker Kulturschaffender zu jener Zeit, in die Wahrnehmung der kapitalistischen Wirklichkeit und die Unterschiedlichkeit der Konsequenzen, die engagierte Künstlerinnen und Künstler aus ihr zogen, sowie in die eigene Geschichte schöpferisch tätiger Frauen, die sich gegen ihre männlichen Genossen behaupten mussten. Mit Ruth Rewald und Maria Osten sind zwei der drei Hauptpersonen selbst Schriftstellerinnen, Anna Seghers spielt eine wichtige Nebenrolle, im Laufe des Romans stehen auch die Fotografinnen Gerda Taro, Annemarie Schwarzenbach und Tina Modotti im Fokus; von letzterer stammt das Bild auf dem Einband des Buches.